Historische Vereinsfahne

Einige Jahre nach Gründung der Freiwilligen Feuerwehr 1871 beschlossen die damaligen Wehrmänner eine Vereinsfahne anzuschaffen. Diese wurde von der Kunststickerei Weber in München angefertigt. Welches Ansehen die Feuerwehr und die Feuerwehrmänner damals hatten, kann man daraus ersehen, dass die Fahne von den Frauen und Jungfrauen der Gemeinde gestiftet wurde. 1889 war die Weihe der Fahne. 1930 wurde sie im Kloster der Franziskanerinnen in Kaufbeuren restauriert und am Fronleichnamstag 1931 wieder geweiht. In den Kriegsjahren verfügte die Militärregierung, dass die Fahnen in öffentlichen Gebäuden untergebracht werden müssen. In Aitrang war dies das Schulhaus. Gegen Kriegsende wurden auch amerikanische Soldaten dort einquartiert. Beim Abzug nahmen diese die Fahnen des Soldatenvereins und der Feuerwehr mit. Seitdem wusste man nichts mehr vom Aufbewahrungsort und von der Existenz der Fahnen. Im Glauben, ihre Fahne nie wieder zu sehen, schaffte sich die Feuerwehr 1957 eine neues Exemplar an.

Am 18. März 2001 gab es für uns eine nie geglaubte Überraschung. Im ORF in der Sendung “Tirol heute” lief an diesem Tag ein Beitrag, in der es um eine Feuerwehrfahne ging, die nach dem Krieg nach Amerika gekommen ist. Der Fahnenbesitzer möchte sie den rechtmäßigen Besitzern wieder zurückgeben. Doch die alte Schrift interpretierten alle falsch, da damals das A oben offen geschrieben wurde und man suchte nach “Hitrang”. Diesen Ort gibt es jedoch nicht und so bat man die Zuschauer ob sie Hinweise auf den rechtmäßigen Besitzer geben könnten. Hinweise könne man an den ORF oder die Feuerwehr St. Johann in Tirol geben.

verschollene Vereinsfahne
verschollene Vereinsfahne

Der erste Anruf erreichte unseren damaligen Kommandanten Anton Schindele an diesem Sonntag spät Abends aus Wildpoldsried von Ludwig Moser, einem gebürtigen Aitranger, der die Sendung sah und meinte, dass es sich um unsere Fahne handelte. Viele Anrufe folgten in den nächsten Tagen aus dem südbayrischen Raum. Am Montag in der Früh fragte sich Anton in St. Johann nach der Telefonnummer des Kommandanten durch. Beim ersten Telefonat mit seinem Kollegen Ernst Stöckl, berichtete er ihm, dass alle Merkmale zutreffend sind und es sich um unsere historische Fahne handelt. Am Mittwoch verkündete der ORF dann, dass die Gemeinde gefunden wurde, in der die Fahne vermisst wird.

Wie ist es dazu gekommen? George Hutton hatte die Fahne bei der Heimfahrt nach dem Krieg beim Kartenspiel gewonnen und diese dann mit nach San Diego in seine Heimat mitgenommen. Er kannte offenbar den Wert des Tuches und nahm, damals im Alter von 86 Jahren, seinem Sohn George jun. das Versprechen ab, die Fahne den ursprünglichen Besitzern zurückzugeben. Er wusste nur, dass seine Einheit damals in Österreich und Deutschland stationiert war. George junior, selbst Feuerwehrmann, kontaktierte seine Nachbarin, deren Mutter in St. Johann in Österreich lebte. Diese wiederum nahm Kontakt mit der dortigen Feuerwehr auf. Ernst Stöckl, der Kommandant und selbst sehr an Zeitgeschichte interessiert, startete den Suchlauf mit dem ORF und stellte den Kontakt nach San Diego her.

Die 1956 angeschaffte Fahne war während dieser aufregenden Zeit beim Restaurieren. Am 10. Juni 2001 war die Weihe dieser Fahne geplant. In Absprache mit George Hutton und der Feuerwehr St. Johann wurde am selben Tag auch die abhanden gekommenen Fahne übergeben. Wir organisierten den Flug für George Hutton nach München. Dort wurde er von Ernst Stöckl am Flughafen abgeholt und hatte ein paar schöne Tage in Tirol. Am 10. Juni ging es mit einer Abordnung der Feuerwehr St. Johann zu uns nach Aitrang. Während des festlichen Gottesdienstes wurde die Fahne an uns als Eigentümer übergeben und kam, nach 56 Jahren wohlbehalten und in einem außerordentlichen guten Zustand, zurück in der Heimat an. Seitdem kann die Fahne in einem Schaukasten im Eingangsbereich der Gemeindekanzlei Aitrang besichtigt werden.

Unser großer Dank gilt allen Beteiligten, allen voran Ernst Stöckl und der Familie Hutton, welche die Rückkehr unserer Fahne ermöglicht haben.